Ein gelassener Mensch
Soll nicht ständig danach ausschauen
Was er bedarf
Er soll darauf schauen
Was er entbehren kann.

Heinrich Seuse
Nach 1.000 km zu Fuß das

Es ist Mittag und ich sitze in Walldürn im Eiscafé, das früher mal einem Sizilianischen Ehepaar gehört hat. In dieser Stadt hatte ich 20 Jahre lang eine Frauenarztpraxis. Mit Leib und Seele habe ich diesen Beruf ausgeübt. Leider musste ich meine Praxis verkaufen, bevor ich das Rentenalter erreichte. Das war eine schwere Entscheidung, die mir sehr weh getan hat.

Nun sitze ich hier und genieße eine große Tasse Cappuccino, an derselben Stelle wie früher so oft in der Mittagspause. Nichts hat sich am äußeren Bild dieser Stadt verändert. Nur die Korbsessel auf dem  Platz vor dem Rathaus hat der neue Besitzer des Eiscafés dort aufgestellt. Die Zeit scheint still zu stehen. Immer noch fahren die Autos knapp an meinem Blechtisch vorbei, die schmale abschüssige Straße hinauf oder hinunter. Dieser Tisch steht schon länger hier als ich in dieser Stadt war.

Wie lange und wie intensiv habe ich darauf geschaut, was ich brauche, um zufrieden und glücklich zu sein. Das hat mich weder zufrieden noch glücklich gemacht. Nun in diesem Augenblick fällt mir ein, was  mein Vater so oft zu mir  gesagt hat:

 „Schau nicht auf das, was du haben willst, sondern überlege worauf du verzichten kannst.“

Auch auf diese Worte habe ich nicht gehört oder meine Haltung danach ausgerichtet.

Das war ein Fehler!

Meistens habe ich daran gedacht, was mir fehlt und was ich mir als nächstes anschaffen möchte. Und obwohl das immer wieder passierte, habe ich meine Einstellung beibehalten, mir immer wieder neues zu wünschen. Und noch jedes Mal fühlte ich keine Befriedigung, wenn der Wunsch in Erfüllung ging. Es war vielmehr eine Leere spürbar von fast schmerzhafter Intensität. Und sehr bald wurde diese spürbare Leere hinter einem neuen Wunsch verborgen.

Die Wünsche änderten sich im Laufe der Jahre. Waren es früher eher materielle Dinge, wurden es später geistige, religiöse und spirituelle Wünsche. Der blödeste von allen war der Wunsch nach Erleuchtung. Es war mir viele Jahre vollkommen unklar, dass eben dieser Wunsch den Eintritt einer solchen Erfahrung verhindert.

Der Kontakt zu all den weisen Lehrern und Heiligen hat das nicht verbessert. Das Lesen dieser heiligen, spirituellen und philosophischen Texte war nicht viel mehr als geistige Masturbation ohne nachhaltige Wirkung. Jeder Text, jedes Buch und jeder Workshop generierte lediglich den Wunsch, das Verlangen nach mehr. Das nächste Buch, der nächste Lehrer, der nächste Workshop wird mir bestimmt den entscheidenden Hinweis liefern, den ich brauche um Mein Ziel ( Erleuchtung oder so) zu erreichen.

Das ist ein Satz mit X, nämlich nix

Den Zen Meistern habe ich nicht geglaubt, dass sowas wie Erleuchtung nicht zu bekommen ist. Also habe ich weiter gesucht und natürlich nichts gefunden, außer noch mehr Worte.

Das Einzige was mir bleibt  ist die tägliche Übung. Ganz wie am Anfang meiner Suche. Der Unterschied zu damals: es gibt keine Suche, es gibt nichts das gefunden werden könnte.

Auf bald!

Unmon SHO DO

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