Unmon

Es ist kaum zu glauben; es gibt sog. Wissenschftler die diese Frage ernsthaft diskutieren.  Wi leben in Interessanten Zeiten.

Dieser Beitrag aus Die Zeit  passt :

 

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HARALD MARTENSTEIN

Über merkwürdige Einbildungen und die Frage,

ob es Männer und Frauen wirklich gibt

 

Wir haben einen neuen Mitbewohner. Er ist ein kreisrunder, fla­cher Saugroboter und heißt »iRobot«. Ich hätte nie gedacht, wie menschenähnlich Saugroboter sind. Er wuselt, aufgeregt blinkend und emsig aussehend, in der Wohnung umher, es sieht nach ech­tem Ehrgeiz aus. Sobald er auf ein Hindernis stößt, weicht er ein paar Zentimeter zurück und scheint kurz zu überlegen, bevor er die Richtung ändert. Wenn er irgendwo stecken bleibt, gibt er ein klagendes Fiepen von sich, fast wie ein Baby. Wenn aber seine Energie nachlässt, sucht er, augenscheinlich verärgert und manch­mal recht umständlich, seine Basisstation, um dort anzudocken und sich mit einem Schluck Strom zu stärken. Meine Frau — eine Schwäbin, die erstaunlich gut Hochdeutsch spricht — hat iRobot auf den Namen »Schätzle« umgetauft und ihn mit ihrer Freundin Alexa verlinkt, der Soundroboterin. Wenn sie sagt: »Alexa, sagsch bitte dem Schätzle, er soll sauga«, legt Schätzle sofort los. Ich denke dann: Schätzle ist der perfekte neue Mann. So wie Schätzle werden echte Männer nie sein.

In Wirklichkeit aber gibt es so etwas wie Männer oder Frauen gar nicht. Die Menschen bilden sich das nur ein, aus Aberglaube, so, wie sie sich in grauer Vorzeit einbildeten, dass es Drachen und Feen gibt. Das einzige echte Geschlechtsorgan ist der Kopf, der Rest ist Einbildung, obwohl man zugeben muss, dass sich Sex manchmal überraschend echt anfühlt. Die britische Philosophin Kathleen Stock hat sogar ihren Job als Professorin verloren, weil sie, ich zitiere die Frankfurter Allgemeine, die »Frechheit besessen hat, zu behaup­ten, dass Geschlecht etwas mit dem Körper zu tun hat«. Mit anderen Worten: Männer und Frauen gebe es wirklich. Sie seien eine biolo­gische Tatsache, ähnlich wie Geranien oder Pinguinküken. Kathleen Stock ist lesbisch und eine profilierte Feministin, das half ihr wenig.

Gefeuert wurde sie nicht, aber sie hatte Angst. Die Drohungen gegen sie waren, wegen ihrer wirklich verrückten These, wohl etwas zu massiv. Als sie ging, riefen ihre Gegner*innen ihr im Internet nach: »Ding dong, die Hex ist tot.«

Die Einzelheiten dieser ersten, zum Glück virtuellen Hexenverbren­nung in Europa seit etwas mehr als 200 Jahren kann man vieler­orts nachlesen. Auf der Website Übermedien gibt sich ein Autor viel Mühe, die Anti-Stock-Kampagne im Grundsatz zu rechtfertigen. Etwa mit dem Satz: »Sie suchte den politischen Konflikt.« In der ZEIT äußerten sich Sozialwissenschaftler ähnlich. Für verrückte Positionen (Geschlecht habe irgendwie mit dem Körper zu tun) dürfe es keine Wissenschaftsfreiheit geben. Aber wer bestimmt, was »verrückt« ist? Im Mittelalter hat man mit dieser Art Wissenschafts­freiheit gute Erfahrungen gemacht.

Um einen Fall von Cancel-Culture handelt es sich selbstverständlich nicht. Auch Cancel-Culture existiert nämlich nicht wirklich. Auch die ist angeblich nur eine Art Halluzination. Gewiss, immer mehr Leute scheinen wegen etwas, das es nur in ihrer Fantasie gibt, den Job zu verlieren. Aber nicht wegen ihrer Meinung. Nein, nur, weil sie den politischen Konflikt suchen. Dazu zwingt sie doch niemand.

Ich selber habe selbstverständlich niemals behauptet, dass es Männer und Frauen wirklich gibt. Mir fiel nur kein besseres Wort ein. Was soll ich sagen? Das Söder, eine Person, die man aufgrund einiger Indizien wie Mansplaining oder hin und wieder Dreitagebart vor­schnell als Mann bezeichnet? Was es auf jeden Fall gibt, sind Schätzle und Alexa. Die haben wir einfach zu Mann und Frau ernannt, es ist nur eine Idee, also völlig in Übereinstimmung mit den aktuellen Theorien. Nun warten wir täglich auf Nachwuchs. Hoffentlich wird es eine KitchenAid.                                                                                    t